20.10.22 'Ich wurde ein Werwolf, ein Wenwolf, ein Wenfickeichheute-wuff' Deutscher Buchpreis 2022

Inzwischen sind wir ja so vollends abgestumpft, dass uns beinahe nichts mehr wundert oder gar aufregt. Anlässlich der Verleihung des Deutschen Buchpreises 2022 an Kim de l’Horizon für sein 'Werk'; 'Blutbuch' werden diese Reflexe aber gerade wiederbelebt. Aus gutem Grund, wie ich finde.
Und ich sag's gleich vorweg, ich hab das Buch noch nicht gelesen, habe aber trotzdem eine Meinung zu dieser Preisverleihung. Als ich im Öffentlich Rechtlichen Staatsfunkt den Filmbeitrag zu dieser Wirsinddiegutenmenschenveranstaltung sah, dachte ich spontan und unreflektiert; ja klar, wenn's schon keine ['geschändete'] Feministin oder lesbische Biotonne sein soll, so muss es wenigstens ein Farbiger, besser ein irgendwie verdrehter - korrektsprech diverser! - Nichtweisser sein und, pardon, ich denk's immer noch.
Die Buchauszüge ' Wie unglaublich sanft und lebendig sich ein penetrierter Arsch anfühlt. Als wäre mensch ganz aus Seide gezimmert.' oder 'Ich wurde ein Werwolf, ein Wenwolf, ein Wenfickeichheute-wuff' sind für die Jury wahrlich wertvolle Perlen deutscher Sprachkunst, die eine großartige Würdigung und satte Auszeichnung verdienen. Danke dafür. Danke dafür, dass wieder alle Vorurteile bestätigt werden. Perverse, sexuelle Gewalttaten in denen auch Blut, Speichel und Kot uns in nicht endenwollenden Schachtelsatzverwüstungen aufdrängen, die, so darf ich vermuten, von einem alten weissen Mann geschrieben, ruckzuck auf den Index gerieten, der Mann für alle Zeiten geächtet würde. Marie-Luise Goldmann von der 'Welt' beschreibt die Auszüge als 'virtuosen Wechsel aus gefühlvoller Poesie und knallharter Materialität' - würde ihr Urteil genauso ausfallen, hätte z.B. Tino Chrupalla so ein Buch geschrieben. Eine rhetorische Frage freilich.
Das Highlight, quasi die Krönung der ganzen Farceveranstaltung fand dann passenderweise auf dem Haupte des ausgezeichneten Schreibekünstlers statt. Aus Solidarität zu den iranischen Frauen, will er seine anbiedernde Performance verstanden wissen. Und diese Aktion war von einer so tiefen, tragischen Betroffenheit und so unglaublich spontan geplant, dass Kim de l’Horizon ganz, ganz zufällig einen Haarschneider zur Preisverleihung bei sich trug.
Stefan Hochgesand schreibt in der Berliner Zeitung' . . . naiver wäre es, zu meinen, dass der Kampf um Selbstbestimmung hierzulande nicht tödlich enden kann: Man denke an Malte C., der trans war und kürzlich am Rande des CSD in Münster getötet wurde. ' von einem nichtdeutschen transfeindlichen aus dem Ausland extra angereisten Besucher gehört zur ganzen Wahrheit dazu, lieber Stefan . . von wegen hierzulande . .
Man möchte sich einmal mehr fremdschämen. Dabei fällt's immer schwerer, angesichts dieser auswuchernden Dekadenz sachlich und ausgewogen zu bleiben. Das tut mir leid.
Es geht bei dieser Kritik nicht darum anderstickenden, divers veranlagten Menschen ihr Anderssein abzusprechen. Sondern es geht einzig darum, der chick gewordenen, undiffernzierten Huldigung jener Menschen zuviel Nachsicht entgegenzubringen. Auch diese Menschen müssen sich angemessenen Umgangsformen ['Wenfickeichheute, penetrierter Arsch' gehört sicher nicht dazu] bedienen, gleichwertig, wie es von jedem Normalo erwartet wid. Künstler hin oder her.


 
 
 

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